Wer raucht weiß, dass er sich stündlich oder gar minütlich einen bis auf 950 Grad Celsius erhitzten Chemiecocktail mit Hunderten giftigen und Dutzenden krebserregenden Stoffen in seine Lunge zieht. Doch selbst dieses Wissen macht einen Rauchstopp nicht immer leicht. Wer es schafft, von den Zigaretten loszukommen, der profitiert in vielerlei Hinsicht. Mandy Eckardt, Caritas Fachstelle Sucht in Düsseldorf, zeigt in diesem Interview, wie der Weg in rauchfreise Leben beginnen kann.
Frau Eckardt: „Wie schaffe ich den Rauchstopp“ ist vermutlich eine der häufigsten Fragen, die ein Raucher, eine Raucherin Ihnen stellt. Was antworten Sie darauf?
Die Antwort darauf ist so individuell, wie die Rauchenden selbst. Das wie, wo und warum kann Jede Person nur für sich selbst beantworten und von Erfahrungen lernen. Manchen gelingt es „einfach so“? manchen hilft Hypnose, manchen eben auch nicht. Möglichkeiten gibt es zahlreiche und welche die vermeintlich Richtige für einen selbst ist, findet man am besten bei der Umsetzung heraus. Hier Ist es wichtig sich nicht entmutigen zu lassen sollte es nicht gleich gelingen. Der Rauchstopp ist erfolgreicher, wenn man diesen als Projekt angeht, dem man sich die nächsten Wochen intensiv widmet. Macht man es einfach nebenher und nimmt sich nicht die Zeit für Recherche, Infomaterial oder z.B. einen Kurs, Ist die Wahrscheinlichkeit eines erfolgreichen Rauchstopps geringer. Die meisten Personen, die bei uns anrufen und sich für einen Kurs anmelden, haben schon zahlreiche Versuche hinter sich. In dem Kurs werden die Leute dazu eingeladen dieses Projekt in den nächsten Wochen intensiv anzugehen. Die Wahrscheinlichkeit 1 Jahr nach Kursende noch rauchfrei zu sein ist um das Zehnfache höher als bei alleinigen Versuchen.
Welche Möglichkeiten gibt es für Betroffene hier in Düsseldorf?
Also ich will mich jetzt nicht aus dem Fenster lehnen und behaupten, dass Ich alle Hilfestellen In Düsseldorf kenne, dafür ist die Stadt zu groß. Generell hat Düsseldorf das „Aktionsbündnis Generation Rauchfrei“ gegründet, in dem sich zahlreiche Institutionen, wie z.B. das Tumorzentrum der Heinrich-Heine-Universität befinden und dem Ziel verschrieben haben Düsseldorf bis 2040 Rauchfrei zu machen. Hierzu werden regelmäßig Aktionen veranstaltet oder Aufklärung betrieben.
Das Rauchfrei Programm bieten neben unserer Fachstelle noch das LVR-Klinikum mit Ihrer Tabakambulanz (Zentab) an. Ebenso gibt es zahlreiche selbstständige Trainer*innen, die über die Krankenkassen eingesehen werden können. Für Menschen, die das Thema in „Eigenregie angehen möchten, ist die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung eine gute Anlaufstelle (online). Diese haben zahlreiches Material zum Thema und Tools, die man kostenfrei erwerben kann.
Wie kommt man an einen Kurs und was muss man mitbringen?
Bei uns meldet man sich am besten telefonisch oder per Mall und erfragt, wann der nächste Kurs stattfindet. Ist gerade kein neuer Kurs terminiert gibt es die Möglichkeit sich auf eine Interessenliste setzen zu lassen, wir Informieren dann über den neuen Kursbeginn. Mitbringen muss man eigentlich nur sich selbst und die Zeit und Motivation sich 8 Wochen auf das Programm einzulassen. Es besteht aus 7 Sitzungen, die einmal wöchentlich mit 2 Stunden angesetzt sind. Daneben ist es aber wichtig auch außerhalb der Stunden die Vorbereitungsaufgaben für die kommende Woche vorzubereiten und sich intensiv mit dem Thema auseinanderzusetzen. Ebenso gehören zwei Telefonberatungen dazu. Das Material und alles weitere wird von uns gestellt. Die Kosten betragen 140 Euro, die man sich anteilig von der Krankenkasse erstatten lassen kann. Hierzu ist es jedoch notwendig an mindestens 6 der 7 Sitzungen teilgenommen zu haben.
Wie läuft das Rauchfrei-Programm bei IHnen in der Fachstelle ab?
Wie vorab bereits erwähnt sind es 7 Sitzungen zu vorgegebenen Themen, die einmal wöchentlich 2 Stunden dauern. Nach dem Rauchstopp, der in der Mitte des Kurses gemeinsam durchgeführt wird und eine Woche nach Ende des Kurses finden kurze Telefonberatungen statt. Die Themen die behandelt werden lauten wie folgt:
- Kursstunde: Einführungs- und Infoveranstaltung
- Kursstunde: Die Ambivalenz des Rauchers
- Kursstunde: Denkfehler und Alternativen
- Kursstunde: Der Rauchstopp (2-3 Tage danach 10 minütige Telefonberatung)
- Kursstunde: Umgang mit Risiken
- Kursstunde: Identität als rauchfreie Person
- Kursstunde: Zukunftsplanung (eine Woche später 10 minutige Telefonberatung)
In dieser Zeit gibt es eine feste Gruppe, die sich gegenseitig dabei unterstützt ihr Rauchverhalten kennenzulernen und gemeinsam Rauchfrei zu werden.
Wichtig und interessant ist es ebenso zu wissen, dass der Rauchstopp im Kurs durchgeführt und vorher intensiv vorbereitet wird. Bis dahin ist es tatsächlich völlig in Ordnung und sogar gewünscht, wie bisher weiter zu rauchen, denn das Kennenlernen des eigenen Rauchverhalten ist elementarer Bestandteil des Kurses.
Welche Meilensteine könnte man sich setzen und kann es für die Psyche hilfreich sein, welche für sich zu formulieren?
Generell Ist es Immer wichtig, Ziele und Meilensteine zu haben, dies wird im Kurs erarbeitet und immer wieder thematisiert. Nur wenn Ich ein klares Ziel und sei es auch ein Teilziel-vor Augen habe kann ich meine Motivation aufrechthalten. Hier ist es tatsächlich wichtig, dass Ziele positiv formuliert werden, im Programm wird auch von Gewinnen gesprochen. Da das Rauchfrei werden ein Verzicht auf etwas ist, das Jahrelang begleitet hat, ist es wichtig zu wissen, was gewinne ich, wenn Ich diesen Verzicht eingehe. Den Rauchstopp muss man allerdings nicht umformulieren, hier ist das klare Signal sehr wichtig. Wenn das Ziel ist, tatsächlich den Rest des Lebens nicht mehr zu rauchen ist ein klares Stopp setzen sehr hilfreich. Spricht man von einer Rauchpause impliziert das, dass man zwar vorübergehend nicht raucht aber irgendwann wieder anfängt. Für jemanden, der sich absolut nicht vorstellen kann für Immer aufzuhören, kann eine Rauchpause ein gutes Ziel sein, wie z.B. In der Fastenzeit oder für einen selbstfestgelegten Zeitraum. Meistens ist der Effekt dann tatsächlich, dass die Pause weiter verlängert wird.
Welche Motivation(en) gibt es dabei zu bleiben?
Selbstauferlegte Regeln, wie z.B. nur auf dem Balkon rauchen, können helfen den Zigarettenkonsum deutlich runterzuschrauben. Im Programm wird tatsächlich dazu ermuntert sich ein Ziel, am besten visuell, vor Augen zu führen und Immer wieder zu vergegenwärtigen. Ein Tellnehmer hat z. B, mal das Ultraschallbild seines Sohnes als Ziel genommen, um sich immer wieder daran zu erinnern, wofür er Rauchfrei werden möchte. Eine andere Teilnehmerin wollte das Geld, was sie spart für einen Urlaub nutzen und hat sich eine Postkarte des Ortes an einen Platz in Ihrer Wohnung gehangen, wo sie oft hinsieht. Das erarbeiten die Tellnehmenden dann für sich.
Welchen Vorteil bringt dem Teilnehmer die Gruppe – anstatt sich alleine durchzukämpfen?
Die Gruppe ist eine unheimliche Motivation den Rauchstopp umzusetzen, Auf der einen Seite ist es hilfreich zu wissen „Ich bin nicht allein mit dem Thema“, die anderen können genau nachvollziehen, wie es einem ergeht. Wenn man Ängste und Bedenken äußert wird dies nicht abgetan, sondern es trifft auf Verständnis. Ebenso entwickelt sich in den Wochen meist eine gute Gruppendynamik, man erfährt auch privates von sich und freut sich vielleicht sogar die anderen wiederzusehen. Eine unserer letzten Gruppen hat sich nach Kursende noch weiter einmal die Woche In unserem Kreuzbund Café getroffen und sich so weiter unterstützt. Ebenso ist es ein Phänomen, dass ich Dinge eher erledige, wenn ich weiß, dass da andere sind, dies es bewerten. Das kennt man, vielleicht von sich selber, zu sich selbst sagt man leicht, „Nein“ zu anderen eher nicht. Diese Kombination macht das Programm so erfolgreich.
Die meisten Raucher unternehmen mehrere Rauchstopp-Versuche und schaffen es schließlich im nächsten Versuch. Wie geht man mit möglichen Rückfällen um?
Rückfälle gehören zu Entwicklungsprozessen meistens dazu. Im Programm erarbeiten wir mit den Teilnehmenden den Umgang damit. Rückfälle sind etwas von ich lernen kann und dann weiß, wie es im Anschluss anders gemacht wird. Ebenso wird zwischen Rückfall und Vorfall unterschieden. Nur weil ich eine Zigarette geraucht habe, heißt es nicht, dass Ich weiterrauchen muss. Ein erneuter Stopp kann jederzeit wieder herbeigeführt werden. Nicht die erste Zigarette macht einen Zum/ r Raucher*in, sondern, die 3, 4, 5 bis 1000 Zigaretten danach.
Empfehlen Sie Nikotion-Ersatzpräparate oder gibt es medikamentöse Begleitung?
Wir stellen Nikotinersatzpräparate und Medikamente vor, sprechen aber keine Empfehlungen aus. Die Entscheidung ob und was jemand nehmen möchte trifft jeder selbstständig. Wir klären umfangreich auf, sodass eine individuelle Entscheidung gut getroffen werden kann. Im Kurs gibt es Immer wieder die Möglichkeit sich über die Erfahrungen auszutauschen und Fragen zu stellen. Für alles Medizinische verweisen wir sowieso an Ärzt*innen und Apotheken.