VKKD Newsroom

Nachgefragt: Karriere, Fachwissen und Work-Life-Balance als Oberärztin in der Onkologie und Hämatologie

Trotz kontinuierlicher Fortschritte in der medizinischen Forschung sind nach wie vor zahlreiche Menschen von schweren Krebserkrankungen betroffen. Um dieser Herausforderung zu begegnen, beschäftigt sich der Fachbereich Onkologie und Hämatologie intensiv […]

Veröffentlicht am
Mikroskopische Aufnahme einer Blutprobe

Trotz kontinuierlicher Fortschritte in der medizinischen Forschung sind nach wie vor zahlreiche Menschen von schweren Krebserkrankungen betroffen. Um dieser Herausforderung zu begegnen, beschäftigt sich der Fachbereich Onkologie und Hämatologie intensiv mit der Diagnose und Behandlung dieser Krankheitsbilder. Bis Ärztinnen und Ärzte den Facharzt für Hämatologie und Onkologie in der Tasche haben, ist es ein langer Weg. 72 Monate, also sechs Jahre, bilden sie sich nach bereits abgeschlossenem Medizinstudium fort, um in dem Fachbereich arbeiten zu können. Diese Weiterbildung gehört zu den längsten in der Medizin. In der ersten Hälfte absolviert man außerdem den Facharzt der Inneren Medizin. Onkologen und Hämatologen sind also sehr umfassend ausgebildete Spezialisten auf ihrem Gebiet. Dr. Maika Klaiber-Hakimi ist Oberärztin der Klinik für Onkologie, Hämatologie und Palliativmedizin am Marien Hospital Düsseldorf. Sie teilt ihre Einblicke in ihren medizinischen Bereich und erklärt, warum sich trotz aller Herausforderungen eine Weiterbildung in diesem Fachbereich lohnt und wie sie als Oberärztin den Ausgleich zwischen Karriere und Familienleben schafft.

Dr. Maika Klaiber-Hakimi,
Oberärztin der Klinik für 

Onkologie, Hämatologie und
Palliativmedizin

Warum ist die Hämatologie und Onkologie ein besonders spannender Fachbereich?
Dr. Maika Klaiber-Hakimi: Die Hämatologie und Onkologie gehört meiner Meinung nach zu den dynamischsten Fachbereichen in der Medizin – sie ist geprägt von Fortschritten in Forschung und Technologie. Onkologen und Hämatologen sind Vorreiter bei der Umsetzung neuster wissenschaftlicher Erkenntnisse in innovative Therapien. Die Komplexität der Onkologie erfordert außerdem ein interdisziplinäres, teamorientiertes Vorgehen. Spezialisten aus verschiedenen medizinischen Bereichen arbeiten eng zusammen, um eine umfassende und ganzheitliche Patientenversorgung zu gewährleisten. In der Hämatologie/Onkologie stehen zudem nicht nur die medizinischen, sondern auch die emotionalen Bedürfnisse der Patienten im Fokus. Die enge Zusammenarbeit mit Patienten und ihren Familien ermöglicht eine umfassende Betreuung, die sowohl körperliche als auch seelische Aspekte berücksichtig. Diese ganzheitliche Betreuung fördert eine tiefgreifende Arzt-Patient-Beziehung und ist essentiell für den Behandlungserfolg.

Welche besonderen Fähigkeiten und Interessen sind in diesem Fachbereich gefragt?
Dr. Maika Klaiber-Hakimi: Die Arbeit in der Hämatologie und Onkologie erfordert ein ausgeprägtes Einfühlungsvermögen und die Fähigkeit, Patienten und ihre Angehörigen über längere Zeiträume zu begleiten. Darüber hinaus sind kommunikative Fähigkeiten entscheidend. Die Art und Weise, wie wir Diagnosen und Behandlungspläne vermitteln, muss klar und einfühlsam sein, um den Patienten und ihren Familien Sicherheit und Verständnis zu bieten. Teamarbeit ist unerlässlich: Die Zusammenarbeit mit Kollegen aus verschiedenen Fachbereichen ist grundlegend, um die bestmögliche Patientenbetreuung zu gewährleisten. Im Marien Hospital bilden wir ein interdisziplinäres Onkologisches Zentrum mit zertifizierten Brust- und Darmkrebszentren. Wir kümmern uns modern und umfassend um jeden Patienten und können von der Operation über die Chemo- oder Strahlentherapie bis zur Stammzellentherapie alles unter einem Dach und mit kurzen Wegen anbieten.

Auch Flexibilität ist gefragt, um sich an sich entwickelnde Therapieansätze und individuelle Patientenbedürfnisse anzupassen. Und es erfordert kritisches Denken, um komplexe Fälle zu analysieren und maßgeschneiderte Behandlungspläne zu entwickeln, sowie Problemlösungsfähigkeiten, um unerwartete medizinische Herausforderungen zu bewältigen. Nicht zuletzt sind Forschungsfähigkeiten gefragt, da die Bereitschaft, neue Erkenntnisse und innovative Therapieansätze zu verfolgen, dazu beiträgt, die Patientenversorgung kontinuierlich zu verbessern. Neben einem Hämatologischen Labor beinhaltet unsere Klinik ein eigenes Studiensekretariat, das eine wichtige Rolle bei der Organisation und Umsetzung klinischer Studien innerhalb der Klinik einnimmt. Es bietet ein breites Portfolio für viele Erkrankungen an, wie Leukämien, Myelodysplastisches Syndrom, Lymphome oder solide Tumore.

Wie sieht die Zukunft für Nachwuchsmediziner aus, die sich für Hämatologie und Onkologie interessieren?
Dr. Maika Klaiber-Hakimi: Die Nachfrage nach Onkologen und Hämatologen wird definitiv steigen, da die Behandlungsmöglichkeiten immer besser werden und viele Erkrankungen chronisch verlaufen. Die Fachgesellschaften bieten Unterstützung für junge Ärzte, um ihnen den Einstieg und die Weiterbildung in diesem anspruchsvollen Bereich zu erleichtern.

Was würden Sie angehenden Medizinern raten, die sich für eine Weiterbildung in der Hämatologie und Onkologie interessieren?
Dr. Maika Klaiber-Hakimi: Ganz klar: Strukturiert vorgehen und einen soliden Plan für die Weiterbildung haben. Wichtig ist die Wahl der richtigen Einrichtung – sie sollte vielfältige Behandlungsschwerpunkte bieten, damit man eine breite Erfahrung sammeln kann. Darüber hinaus sollte ein Schwerpunkt auf der interdisziplinären Zusammenarbeit liegen. Es ist enorm bereichernd, Einblicke in andere medizinische Fachbereiche zu bekommen und gemeinsam an der besten Patientenversorgung zu arbeiten. Außerdem ist es unerlässlich, sich stetig fortzubilden. Die Medizin entwickelt sich rasant weiter, und durch Fortbildungen und Konferenzen bleibt man nicht nur fachlich auf dem Laufenden, sondern tauscht sich auch mit Kollegen und Experten aus. Und zuletzt: Eigeninitiative: Seien Sie proaktiv und engagieren Sie sich für Ihre Weiterbildung und berufliche Entwicklung, um Ihre Ziele zu erreichen und erfolgreich zu sein.

Wie sieht die interdisziplinäre Zusammenarbeit in der Onkologie aus?
Dr. Maika Klaiber-Hakimi: In der Onkologie ist Teamarbeit entscheidend. Es findet eine enge Zusammenarbeit verschiedener Fachrichtungen statt, darunter Onkologen, Chirurgen, Strahlentherapeuten, Pathologen, Radiologen, Palliativmediziner und weitere Spezialisten. Ein Kernelement dieser Zusammenarbeit sind Tumorboards, bei denen Experten verschiedener Disziplinen zusammenkommen, um einzelne Fälle zu diskutieren. Hier treffen wir gemeinsame Therapieentscheidungen, die darauf abzielen, die bestmöglichen Ergebnisse für den Patienten zu erzielen. Dieser Ansatz ermöglicht es uns, die Patientenversorgung ganzheitlich zu betrachten und sicherzustellen, dass alle Aspekte der Diagnose und Behandlung berücksichtigt werden.

Welche aktuellen Entwicklungen sind in der Onkologie besonders relevant?
Dr. Maika Klaiber-Hakimi: Aktuell sehen wir in mehreren Bereichen der Onkologie große Fortschritte wie Immunologische Therapieverfahren: Hierbei wird das körpereigene Immunsystem gezielt eingesetzt, um Tumore zu bekämpfen. Diese Ansätze zeigen vielversprechende Ergebnisse bei verschiedenen Krebsarten. Zielgerichtete Therapien konzentrieren sich auf spezifische molekulare Veränderungen in Tumorzellen, was eine präzisere und effektivere Behandlung ermöglicht. Zudem gewinnt die personalisierte Medizin an Bedeutung, da die Behandlung zunehmend an individuelle genetische Profile angepasst wird. Dadurch können Patienten maßgeschneiderte Therapien erhalten, die auf ihre spezifischen Bedürfnisse zugeschnitten sind. Auch die Technologie spielt eine zunehmend wichtige Rolle. Die Integration von künstlicher Intelligenz in die onkologische Praxis verbessert die Präzision bei der Datenanalyse und unterstützt genauere Diagnosen und Therapieentscheidungen. Darüber hinaus sind Fortschritte in der Früherkennung von Krebserkrankungen entscheidend. Frühere Diagnosen erhöhen die Chancen auf erfolgreiche Behandlungen erheblich. Gleichzeitig machen Verbesserungen im Management von Nebenwirkungen die Therapien verträglicher, was die Lebensqualität der Patienten erheblich steigert und dazu beiträgt, Therapieabbrüche zu minimieren. All diese Entwicklungen zusammen führen zu einer immer effektiveren und patientenzentrierteren Onkologie.

Welche Unterstützung steht jungen Medizinern zur Verfügung, die sich für die Hämatologie und Onkologie interessieren?
Dr. Maika Klaiber-Hakimi: Die Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie (DGHO) bietet eine Arbeitsgruppe namens „Junge DGHO“ sowie eine Juniorakademie an. Diese Plattformen dienen dazu, jungen Ärzten den Einstieg in die Fachgebiete zu erleichtern und bieten Möglichkeiten zum Austausch über Weiterbildung, Karrieremöglichkeiten und die neuesten Entwicklungen. Darüber hinaus ermöglichen Rotationsmöglichkeiten in verschiedenen Abteilungen einen breiten Einblick in die verschiedenen Facetten der Hämatologie und Onkologie. In unserer Klinik gibt es zudem tägliche Fallbesprechungen, die Gelegenheit bieten, neue Patientenfälle zu präsentieren und Diagnosen und Behandlungsoptionen im Detail zu besprechen. Und natürlich Fortbildungsveranstaltungen, um über aktuelle Entwicklungen auf dem Gebiet auf dem Laufenden bleiben. Forschungsmöglichkeiten werden ebenfalls geboten, wobei junge Ärzte die Chance haben, an laufenden Forschungsprojekten teilzunehmen. Dies trägt nicht nur zur Erweiterung des Wissens bei, sondern stärkt auch die Verbindung zwischen Theorie und Praxis.

Wie gestaltet sich die Vereinbarkeit von Beruf und Familie in der Onkologie?
Dr. Maika Klaiber-Hakimi: Von entscheidender Bedeutung ist vor allem auch, die eigene Gesundheit zu erhalten, um den beruflichen Anforderungen gerecht zu werden. Hierzu gehört auch die Balance zwischen Beruf und Familie. Bei uns gibt es hierfür flexible Arbeitsmodelle, Teilzeitoptionen und eine unterstützende Arbeitskultur. Darüber hinaus werden unsere Schichtpläne frühzeitig festgelegt und es gibt Betreuungsmöglichkeiten für Kinder.
Als Onkologin kann man auch sehr gut in Teilzeit arbeiten, da der Hauptteil der Arbeit als Fachärztin in der ambulanten Betreuung der Patientin besteht und hier die Planung der Sprechstunden einfach an das Arbeitsmodell anpassbar ist.

Wie finden Sie Ihren Ausgleich und wie gehen Sie mit emotionalen Belastungen in der Onkologie um?
Dr. Maika Klaiber-Hakimi: Mit zunehmender Berufserfahrung lernt man das richtige Maß zwischen Empathie und professioneller Distanz zu finden, um emotionale Belastungen zu vermeiden. Natürlich gibt es aber auch immer wieder Fälle, die einen mehr beschäftigen, was aus meiner Sicht zu einer guten Betreuung auch dazu gehört. Hier hilft ein gutes Team, mit dem man sich austauschen kann und natürlich auch das private Umfeld, das für Ablenkung sorgt.