Nach 34 Jahren in unterschiedlichen Stationen im Pflegeberuf vertritt Christof Haucke seit einem Jahr nun als Pflegedirektor im VKKD die Belange der Pflegekräfte. Dabei beschäftigen ihn Themen wie der Fachkräftemangel, Pflegbudgets oder die Personalgewinnung und -bindung. Über seinen Werdegang, die aktuellen Herausforderungen und Veränderungen im Pflegeberuf spricht er im Interview.
Herr Haucke, was ist Ihre Aufgabe als Pflegedirektor im Krankenhaus?
Christof Haucke: Für die Stelle von Pflegedirektoren gibt es keine einheitliche Stellenbeschreibung oder Definitionen. „Pflegedirektor“ ist anders als der „Ärztliche Direktor“ keine klar definierte oder gesetzlich vorgegebene Position. Meine Hauptaufgabe aber ist es, diese Funktion im VKKD erst einmal neu zu etablieren und mit Inhalten sowie Zuständigkeiten und Strukturen zu füllen. Dafür bin ich, wie auch der Ärztliche Direktor, Mitglied der VKKD-Geschäftsleitung. In diesem Gremium berichte ich über die Belange der Pflege in den Einrichtungen und versuche notwendige Entscheidungen möglichst verbundweit herbeizuführen. Umgekehrt informiere ich die Pflegedienstleitungen über Themen und Entscheidungen, die in der Geschäftsleitung beraten und beschlossen werden. Man kann zusammenfassend sagen, dass ich die Interessen der Pflege in diesem Gremium vertrete. Eine direkte Verantwortlichkeit für Mitarbeitende in den Pflegediensten der Einrichtungen habe ich als Pflegedirektor und Angestellter des VKKD nicht. Moderierend, vermittelnd oder richtungsweisend kann ich allerdings in Gesprächen vor Ort Einfluss nehmen.
Wie war Ihr persönliche Werdegang?
Christof Haucke: Nicht sehr geradlinig. Nach Abitur, Wehrdienst und dem Versuch zu studieren (wobei ich parallel auf dem Bau gearbeitet habe) bin ich später zur Ausbildung in der Pflege gekommen. Dann aber ganz klassisch: Erst Examen, dann Tätigkeit in einer Chirurgischen Ambulanz. Die Pflege am Bett vermissend zurück auf eine Station. Dort Krankenpfleger und dann:
• Stellvertretende Stationsleitung
• Stationsleitung
• Praxisanleitung
• Abteilungsleitung
• Pflegedienstleitung
• berufsbegleitendes Studium „Gesundheits- und Sozialökonomie (VWA)“
• Fortbildungen Krankenhausbetriebslehre, Krankenhausmanagement, Qualitätsmanagement u.v.m.
Welche Themen beschäftigen Sie aktuell im VKKD?
Christof Haucke: Eine ganze Reihe an Themen. Zum Beispiel: Die Verhandlungen zu den Pflegebudgets und damit verbunden auch die Frage, welche Mitarbeiter mit welcher Qualifikation können und dürfen zukünftig noch in der Pflege arbeiten. Außerdem die Umsetzung gesetzlicher Vorgaben, wie beispielsweise Personaluntergrenzen, Personalgewinnung und Bindung und die Rekrutierung, Ausbildung und Integration von Pflegkräften aus dem Ausland. Neben der Außendarstellung der Pflege im VKKD beschäftigen mich auch die ausufernden Kosten für die Arbeitnehmerüberlassung und die Einführung der elektronischen Patientenakte mit der digitalisierten der Planung und Dokumentation des Pflegeprozesses. Und ein ganz wichtiges Thema: Die Nachbesetzung freier und freiwerdender Stellen von Pflegedienstleitungen im VKKD!
Wo sehen Sie konkreten Handlungsbedarf in der Pflege?
Christof Haucke: Da gibt es eine Menge von Baustellen, an denen wir arbeiten müssen. Ich will es mal versuchen zusammenzufassen.
Es muss uns gelingen, die Arbeitsbedingungen für die Pflegenden vernünftig zu gestalten, obwohl die Vielzahl gesetzlicher Vorgaben und der wirtschaftliche Druck auf die Kliniken das erheblich erschweren. Konkret müssen wir alle Prozesse, die schon jahrzehntelang und tradiert auf den Stationen ablaufen, auf ihre Tauglichkeit überprüfen und gegebenenfalls anpassen. Meine feste Überzeugung dabei ist, dass die daraus resultierenden Veränderungen nur erfolgreich sind, wenn sie berufsgruppenübergreifend verstanden, ausgestaltet und umgesetzt werden. Kliniken und Abteilungen in denen das nicht gelingt, werden zukünftig (und eigentlich auch jetzt schon) nicht erfolgreich arbeiten oder bestehen können.
Wie begegnen Sie dem Fachkräftemangel?
Christof Haucke: Zuerst müssen wir die Anforderung stemmen, die ich in der vorangegangenen Antwort kurz skizziert habe, um aktuellen Mitarbeitenden zu halten. Darüber hinaus muss es uns gelingen, Interessenten für die Ausbildung in der Pflege zu gewinnen und erfolgreich bis zum Examen zu begleiten. Dafür bedarf es besonderer Strukturen und wir brauchen außerdem Mitarbeiter, die sich dafür engagieren. Wir müssen uns vor Augen halten, dass die Ausbildung neuer Pflegekräfte und die Gewinnung ausländischer Pflegekräfte nicht reichen werden, unsere Pflegeteams ausreichend zu besetzen. So schwierig es auch ist, wir müssen Pflegekräfte davon überzeugen, zu uns zu kommen. Das klappt nur, wenn wir die oben beschriebenen Herausforderungen erfolgreich bewältigen und attraktive Arbeitsplätze anbieten können. Eine Schlüsselposition bei der Gewinnung und Bindung von Pflegekräften nimmt die Pflege allerdings auch selber ein. Das gilt für das Engagement einer jeden Pflegekraft, das Arbeitsumfeld vernünftig im Miteinander zu gestalten. Im Besonderen gilt das aber für jede leitende Pflegekraft auf allen Ebenen. Mitarbeitende verlassen ihren Arbeitsplatz nicht selten, weil das Verhältnis zu den Vorgesetzten gestört ist.
Was hat sich in den letzten Jahren in der Pflege verändert?
Christof Haucke: So ziemlich alles! Hier nur ein paar Stichworte bezogen auf die Akutkliniken:
• Mehr Patienten mit einem erheblich höheren Pflegeaufwand
• Ein Anstieg von Patienten aus der Notfallversorgung
• Höhere und komplexere Anforderung an die Pflege, auch durch den medizinischen Fortschritt und die daraus resultierenden Behandlungsformen
• Eine kürzere Verweildauer der Patienten und somit ein erhöhter Aufwand bei Aufnahme und Entlassung durch die größere Anzahl von Patienten
• Erheblich gestiegene Anforderungen an eine immer komplexere Dokumentation und Leistungserfassung
Zusammenfassend kann man sagen, dass mehr komplexe Leistung mit dem gleichen und zunehmend mit weniger Personal erbracht werden muss.
Welche Eigenschaften sollte man Ihrer Meinung nach für den Pflegebereich mitbringen und warum sollten sich Menschen für den Pflegeberuf entscheiden?
Christof Haucke: Man muss sich im Klaren darüber sein, was es bedeutet Menschen in besonderen Lebensphasen zu begleiten und zu unterstützen. Das gilt für Krankheit, Rehabilitation, Geburt und Sterben. Ich denke, dafür muss man den Menschen zugewandt sein und ihnen achtungsvoll begegnen. Man benötigt daher eine Menge Empathie und ein vernünftiges Verständnis dafür, was Nähe und Distanz in der Pflege bedeutet. Man muss definitiv belastbar sein, um im Stationsalltag von Pflege- und Funktionsbereichen zurechtzukommen. Es muss klar sein, welche Arbeitszeiten die Pflege mit sich bringen kann und was das für das private Leben und Umfeld bedeutet. Nicht alle diesbezüglichen Einschränkungen oder Belastungen werden wir mit neuen Formen der Dienstzeitgestaltung ausgleichen können.
Aber man kann sich gewiss sein, dass die genannten Fähigkeiten im Rahmen der Ausbildung vermittelt und ausgebaut werden. Man muss also zum Start in den Beruf nicht „perfekt“ mit den genannten Situationen umgehen können.
Was zeichnet einen guten Arbeitgeber aus?
Christof Haucke: Er erkennt die oben geschilderten Herausforderungen, geht sie gemeinsam mit seinen Mitarbeitenden an und meistert sie erfolgreich. Er weiß um seine Verantwortung als Träger von Einrichtungen im Gesundheitswesen sowohl für die Patienten als auch für alle Beschäftigten.
Und was bedeutet Pflege im VKKD?
Christof Haucke: Diese Frage möchte ich erst einmal persönlich beantworten. Die Pflege im VKKD, einem Verbund in katholischer Trägerschaft, sollte in enger Kooperation mit allen anderen Berufsgruppen der Kliniken zusammenarbeiten und sich als eigenständigen Partner in den Gesamtkonzepten der Betreuung unsere Patienten, Patientinnen und deren Angehörigen verstehen. Um diesem Ziel gerecht zu werden, führen wir Pflegekräfte eine prozessorientierte und geplante Krankenpflege durch. Dieser Ansatz gewährleistet eine Patientenversorgung, die sich an den individuellen Ressourcen der zu pflegenden Menschen und an den daraus resultierenden pflegerischen Problemstellungen orientiert. Das bedeutet auch, dass der pflegebedürftige Mensch mit seinen Bedürfnissen im Fokus steht. Wir Pflegenden unterstützen ihn dabei, ein möglichst selbständiges Leben zu führen.