Fast jeder dritte Mensch in Deutschland leidet an einer krankhaften Veränderung der Schilddrüse. Das können Unter- oder Überfunktion, ein harmloser Knoten oder sogar Tumor sein. Die Schilddrüse spielt eine entscheidende Rolle für unser allgemeines Wohlbefinden. Denn selten werden Symptome wie Stimmungsschwankungen, Untergewicht oder Herzrhythmusstörungen mit dem kleinen Organ in Verbindung gebracht. Die Komplexität der Schilddrüse erfordert bei einer Erkrankung die Erfahrung und ein Zusammenspiel von Experten, sowohl im konservativen als auch im operativen Fall.
Die Schilddrüse ist ein kleines schmetterlingsförmiges Organ im vorderen Halsbereich. Sie steuert von hier aus den Hormonhaushalt, sorgt für körperliches und seelisches Wohlbefinden und verschiedene wichtige Stoffwechselvorgänge – unter anderem Verdauung, Psyche, Herz-Kreislauf-System oder Blutdruck. Während die Schilddrüse regulierend auf Stoffwechselvorgänge und auf das Herz-Kreislauf-System des Körpers wirkt, indem dort die jodhaltigen Schilddrüsenhormone Thyroxin und Trijodthyronin gebildet werden, steuern vier linsengroße Nebenschilddrüsen im „Hintergrund“ durch Bildung des notwendigen Parathormons den Kalziumspiegel. Beide können aus dem Gleichgewicht geraten: Werden durch die Drüsen zu viele Hormone erzeugt, spricht man von Überfunktion (Hyperthyreose), bei einem Mangel von Unterfunktion (Hypothyreose).
Formen der Schilddrüsenerkrankungen
Eine Unterfunktion kann u.a. sowohl durch eine Entzündung, Infektion oder ausgeprägten Jodmangel entstehen als auch genetisch bedingt sein. Durch die Unterfunktion treten Symptome wie zum Beispiel Antriebslosigkeit, Müdigkeit, Gewichtszunahme, Kältegefühl oder eine Verstopfungsneigung auf. Die Schilddrüse versucht durch Größenwachstum oder Zellvermehrung diesen Hormonmangel zu kompensieren. Hashimoto-Thyreoiditis, eine chronische Entzündung der Schilddrüse aufgrund einer Autoimmunstörung, führt ebenfalls zu einer behandlungsbedürftigen Unterfunktion
Der häufigste Grund für eine Überfunktion ist die Erkrankung Morbus-Basedow. Hierbei produziert die Drüse, bedingt durch eine Fehlfunktion des Immunsystems, vermehrt Hormone. Auch eine Schilddrüsenautonomie kann für die Überproduktion sorgen. Symptome wie ein gesteigerter Stoffwechsel, Gewichtsverlust, Nervosität, Herzrasen, Herzrhythmusstörungen oder übermäßiges Schwitzen deuten auf eine Überfunktion und damit auf eine überaktive Schilddrüse hin.
Sowohl bei der Über- als auch Unterfunktion kann sich durch die vermehrte Bildung von Schilddrüsenzellen und genetische und/oder degenerative Prozesse eine „Struma“ bilden. Die auch äußerlich sichtbare Vergrößerung des Organs kommt sehr häufig vor. Entweder ist sie auf eine diffuse, allgemeine Vergrößerung der Schilddrüse zurückzuführen oder auf die Bildung eines oder mehrerer Knoten.
Schilddrüsenknoten – erkennen und behandeln
Schilddrüsenknoten sind sehr häufige Zufallsbefunde mit einer hohen Inzidenz. Eine Ultraschalluntersuchung ist das wichtigste Instrument bei der Erkennung dieser Knoten. Ebenso werden oft durch eine ambulante nuklearmedizinische Untersuchung bei einem Endokrinologen, die sogenannte Szintigrafie, Vorgänge in der Schilddrüse diagnostiziert. Hier wird dann deutlich, ob es sich z.B. um jodspeichernde (heiße) Knoten oder hormoninaktive (kalte) Knoten handelt.
Doch nicht jeder Knoten muss behandelt werden. Heiße Knoten sind aktive Zellgebilde, die während der Szintigrafie durch warme Farbtöne angezeigt werde – daher ihr Name. Sie schütten unkontrolliert Hormone aus, ein typischer Vorgang bei einer Überfunktion. Im Gegensatz dazu sehen kalte Knoten im Szintigramm eher hell oder bläulich aus. Die Krebswahrscheinlichkeit ist bei kalten Knoten erhöht. Um einen bösartigen Tumor auszuschließen (in fünf bis zehn Prozent der Fälle), sollten sie durch eine Sonographie, ggf. Punktion oder Operation untersucht werden.
Ist geklärt, dass es sich um einen gutartigen Knoten handelt, ist oft nur eine Überwachung nötig. Sollte der Knoten jedoch bösartig oder so groß sein, dass er Beschwerden verursacht, ist zum Teil eine Operation notwendig. Das Team des SchilddrüsenZentrums im Augusta-Krankenhaus unter der Leitung von Prof. Dr. med. Matthias Schauer, Chefarzt der Klinik für Allgemein-, Viszeral-, Thorax- und Endokrine Chirurgie, führt rund 200 Schilddrüsenoperationen im Jahr durch – bei gut- und bösartigen Erkrankungen (Schilddrüsenteilentfernungen) sowie bei primärem und sekundärem Hyperparathyreoidismus (Nebenschilddrüsenerkrankungen).
Hier ist das Standardverfahren im Operationssaal der sogenannte Kragenschnitt. Durch einen zwei bis drei Zentimeter langen Schnitt über der Luftröhre kann der Chirurg gezielt beide Seiten des Organs sehen. Ist nur einseitig ein Knoten vorhanden, kann dieser auch nur einseitig operiert werden. Sind beide Seiten betroffen, wird der Hauptknoten komplett entfernt und auf der anderen Seite nur der knotentragende Teil (subtotal). Da alle Patienten nach dem Eingriff Hormone einnehmen müssen, um die Organentfernung zu kompensieren, kann eine Restschilddrüse diese Einnahme angenehmer machen.
Bei einzelnen kleinen Knoten (unter drei Zentimeter) gibt es auch gezieltere Möglichkeit mit kleinen Schnitten. Ob eine minimalinvasive Operation möglich ist, wird allerdings durch die Größe und Lage des Knotens beeinflusst. Generell sind die entstehenden Narben optisch unauffällig, da die Schnitte in den Hautspaltlinien verlaufen.
Eine Operation bedarf großer Erfahrung des operierenden Arztes, um schwerwiegende Komplikationen zu vermeiden, wie Stimmbandnervenverletzung mit nachfolgender Heiserkeit oder die Entfernung der Nebenschilddrüsen mit nachfolgender Kalzium-Stoffwechselstörung und der sich daraus ergebenden Nervenfehlfunktionen mit Kribbelgefühl, Missempfindungen bis hin zu Muskelkrämpfen.
Neben der Erfahrung des Operateurs helfen technische Hilfsmittel wie Lupenbrille, Kamera und Nervenstimulatoren, um die Komplikationsrate gering zu halten – diese liegt bei Schilddrüsenoperationen allgemein bei unter drei Prozent.
Eine Alternative zur OP ist die Radiojodtherapie, bei der radioaktives Jod verabreicht wird, dass sich ausschließlich in Schilddrüsenzellen anlagert. Der Zerfall des Jods erzeugt Strahlung, welche die Zellen zerstört. Gerade bei heißen Knoten bietet dies eine gute Möglichkeit zur Behandlung. In geeigneten Fällen kann auch eine minimalinvasive Radiofrequenzablation erfolgen. Das Verfahren verwendet hochfrequenten elektrischen Strom, die entstandene Hitze verödet das Tumorgewebe.
Endokrine Sprechstunde: Di + Do, 09.30-12.00 Uhr und nach VereinbarungIn unserer endokrinologischen Sprechstunde werden Sie von unserem endokrinologisch-chirurgischen Team fachärztlich ausführlich beraten und untersucht. Diese sichten Befunde und besprechen mit Ihnen die Notwendigkeit weiterführender Untersuchungen oder operativer Eingriffe sowie stets auch die Möglichkeit alternativer Therapieverfahren nach dem neuesten Stand der Wissenschaft. Zur optimalen Abklärung von Schilddrüsenveränderungen und Einleitung der Therapie, arbeitet das Team der endokrinen Chirurgie eng mit den Fachabteilungen für Innere Medizin, dem Röntgeninstitut (Schnittbildgebung und nuklearmedizinische Untersuchung) und niedergelassenen Spezialisten für Endokrinologie und Nuklearmedizin zusammen. Die Behandlung einer bösartigen Erkrankung wird außerdem in Kooperation mit den Kolleginnen und Kollegen des Interdisziplinären Onkologischen Zentrums des Marien Hospital Düsseldorf fortgeführt.
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Montag bis Donnerstag 14:00 bis 16:00 Uhr
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