Ein Delir ist eine ernsthafte medizinische Störung, die sich durch plötzliche kognitive Veränderungen äußert. Es handelt sich um eine akute, meist reversible Beeinträchtigung der Aufmerksamkeit, der Kognition und des Bewusstseinsniveaus, die verschiedene Ursachen haben kann. Besonders häufig tritt Delir bei älteren Menschen auf, kann jedoch Menschen aller Altersgruppen betreffen. Rund 70 Prozent der Betroffenen sind älter als 65 Jahre. Laut Statista traten im Jahr 2022 insgesamt über 41.000 Fälle bei vollstationären Patienten im Krankenhaus auf. Als Delir wird eine akute, vorübergehende, meist reversible fluktuierende Störung der Aufmerksamkeit, der Kognition und des Bewusstseinsniveaus bezeichnet. Die Ursachen umfassen fast jede Krankheit oder Arzneimittelwirkung. Die Diagnose wird klinisch gestellt, Labortests und üblicherweise Bildgebungsverfahren dienen der Ursachenklärung. Dabei unterscheidet sich ein Delir von anderen Bewusstseinsstörungen oder auch einer Demenz
Die Behandlung besteht in der Korrektur der zugrundeliegenden Störung und unterstützenden Maßnahmen.
Symptome und Erkennung
Die Symptome eines Delirs können vielfältig sein und sich schnell entwickeln. Dazu gehören:
- Verwirrung und Desorientierung
- Gedächtnisstörungen
- Halluzinationen und Wahnvorstellungen
- Unruhe oder Apathie
- Schwankungen in der Aufmerksamkeit
- Störungen im Schlaf-Wach-Rhythmus
Manche Betroffene sind sehr irritiert, unruhig und aggressiv (hyperaktives Delir), andere so verängstigt und in sich gekehrt, dass sie nicht mehr aufstehen wollen (hypoaktives Delir). Die frühzeitige Erkennung dieser Symptome ist entscheidend, um eine angemessene Behandlung einzuleiten und das Risiko von Komplikationen zu minimieren.
Ursachen und Risikofaktoren
Ein Delir kann durch eine Vielzahl von Faktoren ausgelöst werden, einschließlich Infektionen, Dehydration, Medikamentennebenwirkungen, Entzugssyndrome, metabolische Störungen und neurologische Erkrankungen. Ältere Menschen sind aufgrund einer oft geringeren physiologischen Reserve und häufigeren Vorerkrankungen besonders anfällig.
Begünstigende Faktoren sind: Vorerkrankungen (z. B. Demenz, Schlaganfall, Parkinson), fortgeschrittenes Alter, sensorische Störungen (z. B. beeinträchtigtes Seh- oder Hörvermögen), Alkoholintoxikation und multiple Komorbiditäten.
Auslösende Faktoren sind: Gebrauch von Arzneimitteln (insbesondere mehr als drei neue Medikamente gleichzeitig), Infektion, Dehydrierung, Schock, Anämie, Unterernährung, Einsatz von Blasenkathetern (mit oder ohne Harnverhalt), Schmerz, Schlafentzug und emotionaler Stress.
Ein Delir ist oft schwer von einer Demenz zu unterscheiden, betrifft jedoch hauptsächlich die Aufmerksamkeit und das Bewusstsein und wird in der Regel durch eine akute Krankheit oder Medikamentenvergiftung ausgelöst. Ein Delir tritt häufig plötzlich auf, ist aber reversibel, während eine Demenz vor allem das Gedächtnis und kognitive Funktionen betrifft, durch anatomische Veränderungen im Gehirn ausgelöst wird, meist langsam voranschreitet und irreversibel ist.
Delir nach einer Operation
Rund jeder Dritte über 60-jährige in Deutschland erleidet nach einer Operation ein Delir. Dabei handelt es sich um einen akuten Verwirrtheitszustand, der meist wenige Tage, aber auch Wochen bis Monate anhalten kann. Patienten verweigern medizinisch wichtige Maßnahmen, entfernen sich Sauerstoffschläuche oder Katheder oder versuchen teils sogar zu fliehen. Die Folgen können gravierend sein: Ein unerkanntes Delir erhöht das postoperative Sterblichkeitsrisiko oder das Risiko für Folgeerkrankungen wie eine Demenz. Um das Delir-Risiko schon vorab zu minimieren, ist es gerade bei Risikopatienten (z.B. in hohem Alter oder mit Vorerkrankungen) wichtig, auf eine schonende Narkose zurückzugreifen. Je kürzer die Patienten in Narkose liegen, desto besser.
Meistens treten die Symptome zwischen dem zweiten und siebten Tag nach der Operation auf und dauern drei bis vier Tage an, sie können sich aber auch länger hinziehen.
Behandlung und Pflege
Die Behandlung und Pflege von Patienten mit Delir im Akutkrankenhaus erfordert eine sorgfältige und multidisziplinäre Herangehensweise. Ein entscheidender Aspekt ist die Früherkennung und Diagnose, wobei Patienten regelmäßig auf Anzeichen eines Delirs überwacht werden sollten, insbesondere wenn sie Risikofaktoren wie hohes Alter, bestehende Demenz oder schwere Erkrankungen aufweisen. Hierbei können standardisierte Screening-Instrumente wie die Confusion Assessment Method (CAM) hilfreich sein.
Genauso wichtig ist die Identifikation und Behandlung der Ursachen des Delirs. Dies umfasst die Untersuchung und Behandlung medizinischer Ursachen wie Infektionen, Elektrolytstörungen, Dehydration, Schmerzen, Hypoxie oder die Anpassung von Medikamenten, die das Delir auslösen könnten. Nicht-pharmakologische Maßnahmen spielen eine zentrale Rolle und beinhalten die Bereitstellung von Orientierungshilfen wie Uhren, Kalendern und persönlichen Gegenständen, die Sicherstellung einer ruhigen und gut beleuchteten Umgebung sowie klare und einfache Kommunikation zur regelmäßigen Reorientierung des Patienten. Eine frühzeitige Mobilisierung und Förderung körperlicher Aktivitäten tragen ebenfalls zur Verbesserung des Zustands bei.
Pharmakologische Interventionen sollten nur erwogen werden, wenn nicht-pharmakologische Maßnahmen nicht ausreichen und der Patient oder andere gefährdet sind. Die Unterstützung durch ein multidisziplinäres Team ist ebenfalls entscheidend. Dies beinhaltet eine enge Zusammenarbeit zwischen Ärzten, Pflegepersonal, Physiotherapeuten, Ergotherapeuten sowie gegebenenfalls Psychologen und Sozialarbeitern, um einen individuellen Pflegeplan zu erstellen und regelmäßig anzupassen. Die Betreuung durch das Therapeutische Begleitteam (TBT) am Marien Hospital Düsseldorf und am St. Vinzenz-Krankenhaus ist außerdem ein Zusatzangebot, um Patientinnen und Patienten den Aufenthalt zu erleichtern. Das Aufgabengebiet umfasst die Beratung und Begleitung im Krankenhaus. Das qualifizierte Team ist für Menschen mit Demenz als Nebendiagnose, einem Delir oder kognitiven Veränderungen da.
Angehörige sind eine entscheidende Hilfe gegen Delir
Eine wichtige Rolle in der Delir-Therapie spielen die Angehörigen. Mit ihrer Anwesenheit, mit ruhigen Gesprächen, Vorlesen und einfachen Spielen tragen sie ein Stück vertraute Sicherheit ins Krankenzimmer. Wie Angehörige helfen können:
- häufige Besuche
- Patienten geistig auf Trab halten, z. B. durch Gedächtnisspiele
- Orientierungshilfen geben: Kalender und Uhr immer in Sichtweite
- Brille, Hörgerät oder Gebiss nach der OP schnell wieder benutzen
- mit Fotos, Musik, Lieblingsspeisen Erinnerungen wecken
Delir ist eine ernste Herausforderung in der modernen Medizin, besonders bei postoperativen Risikopatienten im hohen Alter. Im VKKD wird mit einem interdisziplinären Ansatz gearbeitet, um diese komplexe Störung zu behandeln und den Patienten eine ganzheitliche Betreuung zu bieten. Die Behandlung des Delirs durch ein interdisziplinäres Team mit vielschichtigen Maßnahmen kann älteren Patienten zugutekommen, da ein Delir und der damit verbundene Krankenhausaufenthalt in der Regel zu weiterführenden Problemen (z. B. Unterernährung, Dehydratation, Druckulzera) führen kann. Diese Probleme können bei älteren Patienten schwerwiegende Folgen haben. Die frühzeitige Erkennung und Behandlung des Delirs kann dazu beitragen, die Prognose der Patienten zu verbessern und die Dauer des Krankenhausaufenthalts zu verkürzen.